Grüne zum Tätigkeitsbericht 2011 der Gleichstellungs­beauftragten des Kreises Kleve

Elke Währisch-Große nimmt für die Grüne Kreistagsfraktion Stellung zu dem Frauenförderbericht der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Kleve, Frau Perau.

Der vorgelegte Tätigkeitsbericht orientiert sich in starkem Umfang am Frauenförderplan der Verwal­tung. Dieser ist leider – vor allem mit Blick auf die festgelegten Ziele – nicht Teil  des Berichts und im Internet auch nicht veröffentlicht.
Es ist wünschenswert, im Bericht einen Hinweis auf den Ort seiner Veröffentlichung (Kreistagsvorlage Nr. X) anzugeben. Auch sollte er auf der Internetseiten der Kreisver­waltung veröffentlicht werden.


Das finden die Grünen gut: Die Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Kleve laden am Equal Pay Day am 23.03.2012 zum Infostand nach Kevelaer, Roermonder Platz/Eingang Hauptstraße von 10 bis 12 Uhr ein. Foto: RP vom 20.03.2012

Leichte Fortschritte bei der Situation der weiblichen Beschäftigten

Insgesamt nimmt die Situation der weiblichen Beschäftigten unter Gleich­stellungs­gesichts­punkten eine langsame, aber erfreuliche und positive Entwicklung.
Wir begrüßen in diesem Jahr besonders die erfolgreichen Bemühungen, mehr Frauen in technischen Berufen zu beschäftigen.

Innerhalb des Berichts werden definierte  Ziele genannt im Zusammenhang
–    mit Einstellungen/ Beförderungen, bei der
–    leistungsorientierten Bezahlung
leider nicht.
Als allgemeines Fazit wird geschlossen, dass beschäftigte Frauen – insbesondere Teilzeit­beschäftigte – schlechter abschneiden, wie Frau Perau es diplomatisch ausdrückt, der Fachbegriff wäre hier:  „…einer mittelbaren Diskriminierung ausgesetzt sind“.

Defizite beim einfachen und mittleren Dienst

Die Fraktion B’90/Die Grünen bemängelt  über diese Schlussfolgerung hinaus, dass insbesondere ein vergleichsweise hoher Anteil von weiblichen Beschäftigten des mittleren und einfachen Dienstes keine Grund-/Zusatzprämie  erhalten.
Dies ist einer näheren Analyse würdig.
Es scheint so, dass gute Leistung eher wahrgenommen wird, je höher sie in der betrieblichen Hierarchie gezeigt werden darf. Ebenfalls ein Aspekt von mittelbare Diskriminierung, denn Sinn des LOB, also der leistungsorientierte Bezahlung im öffentlichen Dienst nach TVÖD, ist es, die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern bei gleichzeitiger Stärkung von Motivation, Eigenverantwortung und Führungskompetenz.
Nach dieser Analyse bedarf also ein solcher Befund vermutlich einer besonderen Schulung aller Leitungsebenen aller Hierarchiestufen, die über die Vergabe der leistungsorientierten Bezahlung entscheiden.

Frank Dulisch, Professor an der FH für öffentliche Verwaltung Köln, sagt dazu in seinem Aufsatz "Herausforderungen der Tarifreform des TVöD für die Praxis der Leistungsbewertung"  (siehe http://www.personalbeurteilung.de/leistung/dulisch-aufsatz-2.pdf):
„Nach meinen Erfahrungen sind im öffentlichen Dienst diese Diskrepanzen zwischen Be­urteilungsrichtlinien und dem realen Beurteilungsgeschehen besonders offensichtlich. (In) Beurteilungsverfahren werden … Personen … nach dem Stand in der Hierarchie … bewertet usw.“

Konkrete Empfehlungen fehlen

Leider ist dem Bericht der Gleichstellungsbeauftragten insgesamt eine Empfehlung hinsichtlich aktuell zu ergreifender Maßnahmen nicht zu entnehmen. Es ist doch Sinn und Aufgabe von Frauenförderplänen, sicherzustellen, dass definierte Ziele erreicht werden.

Im LGG § 6 Inhalt des Frauenförderplanes (5) heißt es: "Wird während der Geltungsdauer des Frauenförderplans erkennbar, dass dessen Ziele nicht erreicht werden, sind ergänzende Maßnahmen zu ergreifen.."

Eine Nachjustierung der diesbezüglich identifizierten Maßnahmen ist demnach erforderlich.

Verstärkung der "externen" Frauenförderungwünschenswert

Nun komme ich zum Teil „Bürgerinnen des Kreises“ des Berichtes von Frau Perau.
Dieses Kapitel ist insgesamt leider etwas dünn geraten.

Unter Punkt 3 „externe Tätigkeiten“ geht die Gleichstellungsbeauftragte auf Angebote für Bürgerinnen ein. Dabei beschreiben Sie weitgehend die Teilnahme bzw. das Angebot einzelner Tagesveranstaltungen.
Insgesamt wünschen wir eine Verstärkung der so genannten externe Frauenförderung, also der BürgerInnen:-

Beispiele für Verbesserungen

Ziel muss der Abbau von Benachteiligungsstrukturen im Kreisgebiet und in der Kreispolitik sein:
– durch stärkere gleichmäßige Berücksichtigung der Interessenslagen und Bedarfe von Bürgerinnen und Bürger und Optimierung des
   Dienstleistungs­angebotes. Eine aktuelle Diskussion dazu war das Beispiel des Kinderbetreuungsangebotes an den Berufskollegs im Kreis.
– der Öffentlichkeitsarbeit des Kreises.
Ein Beispiel ist Internetpräsenz des Kreises. Diese scheint nur bedingt „gegendert". Screendump siehe unten
Es fehlen z. B. Fotos, in denen auch Frauen sichtbar werden – also nicht immer die gleichen schwarzen Anzugträger…:-)
– Verbesserungen im allgemeinen Sprachgebrauch der Internet-Informationen des Kreises sind angezeigt und wünschenswert:
Beispiel:  „Verzeichnis der sachkundigen Bürger / Verzeichnis der Vertreter des Kreises …“ u.v.a.mehr.

Problematik von Frauen im SGB II-Bereich

Noch wichtiger ist uns aber Folgendes:
Wir müssen feststellen, dass keinerlei Aussage zur Problematik der Frauen im SGB II, also der Grundsicherung für Arbeitssuchende getroffen wurden. Dazu hatte ich schon anlässlich ihres letzten Berichtes nachgefragt. Ich hatte, offen gesagt, die Erwartung, dass über das genannte Angebot einer Tagesveranstaltung beispielsweise
–    eine gendersensible Datenerhebung den Fokus auf eine möglicherweise diskriminierende Anwendung im Hause erfolgt,
–    eine Schulung der FallmanagerInnen der zu vermeidenden Diskriminierung und  
–    seitens des Kreises dazu eine Dienstvereinbarung abgeschlossen wird.

Davon lesen wir in ihrem Bericht leider nichts.
Insgesamt fragen wir uns, wie die Optionskommune Kreis Kleve die gleichstellungs­spezifischen Belange des Arbeitsmarktgeschehens innerhalb der Kreises  aufeinander abstimmt. Auch dazu lesen wir leider nichts.
Herr Landrat,
es ergibt sich die konkrete Frage, ob die Gleichstellungsbeauftragte in der Trägerver­sammlung sowie im Beirat (des Jobcenters) vertreten ist, also wie § 44 j SGB II (Gleichstellungsbeauftragte) im Kreis Kleve umgesetzt ist. Gibt es für den Teil „Jobcenter“ eine eigene Gleichstellungsbeauftragte? Dazu sind mir keine Regelungen bewusst!

Die Fraktion bittet um Beantwortung dieser Frage.
Zitat aus dem Gesetzestext: „In der gemeinsamen Einrichtung wird eine Gleichstellungsbeauftragte bestellt. Das Bundesgleichstellungsgesetz gilt entsprechend. Der Gleichstellungsbeauf­tragten stehen die Rechte entsprechend den Regelungen des Bundesgleichstellungs­gesetzes zu, soweit die Trägerversammlung und die Geschäftsführer entscheidungsbefugt sind.“

Fazit

Ich hatte erwähnt, Frau Perau, dass bei fachgerechter Bearbeitung der vielfältigen Aufgaben einer Gleichstellungsbeauftragten vermutlich nicht mehr viel Zeit für das Thema „Bürgerinnen“ übrig bleibt. Frau Perau, wir schätzen ihre Arbeit und wissen, dass die Konsequenz doch angesichts des sehr umfangreichen Themas "Gleichstellung" heißen müsste:

Die personelle Ausstattung des Gleichstellungsbüros muss verbessert werden angesichts des beschämenden Platzes 23 von 31 Plätzen im Gender-Ranking der NRW-Kreise.

Insgesamt sehen wir durch die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten auf die Aufgaben innerhalb der Kreisverwaltung eine günstige Entwicklung und wünschen uns insbesondere in der „externen Arbeit“ eine Verstärkung der Bemühungen für Bürgerinnen.

Und noch einmal ganz konkret:
1. Die Gleichstellungsbeauftragte wird gebeten, als ersten Schritt die von ihr empfoh­lenen diesbezüglichen Maßnahmen dem Kreistag vorzustellen. Wir beantragen den Tagesordnungspunkt „Anpassung der Zielvereinbarungen zum geltenden Frauen­förderplan“ im nächsten Hauptausschuss vorzusehen und dort den beschriebe­nen Inhalt zu berichten.
2. Der Landrat möge die Frage zur Umsetzung des § 44 j SGB II im Kreis Kleve erläutern.

Vielen Dank
Elke Währisch-Große 
Sitzung des Kreistages Kleve am 22.03.2012

Weitere Infos:

Hier finden sie einen Antrag der grünen Bundestagsfraktion zum Thema Gleichberechtigung
Film-Spots: http://www.youtube.com/watch?v=mMbvGwHyMDA
Oder: http://www.youtube.com/watch?v=w68l-nkozuE&feature=endscreen