Europäische Kommission ermittelt gegen Flughafen Weeze

Auf Antrag von Karl-Heinz Kandolf (Ex-Fraktionschef der Grünen in Kevelaer und sprecher der BI gegen den Flughafen) prüft die Europäische Kommission in Brüssel, ob der Flughafen in Weeze unrechtmäßig öffentliche Unterstützungsleistungen erhalten hat.


Foto: Udo Kleinendonk

Macht Brüssel den Flughafen dicht?

Macht die EU-Kommission den Flughafen in Weeze-Laarbruch dicht? Zumindest prüft sie, ob die Gewährung von 34 Millionen Euro Steu­ergeld als Darlehen durch den Kreis rechtmäßig war. Was im schlimmsten Fall droht, weiß derzeit nie­mand.

Grüne begrüßen Prüfung der EU-Kommission

Die Grünen-Fraktions­chefin Ute Sickelmann gilt als eine versiertesten Flug­hafen-Kritikerinnen. Sie be­grüßt den Vorstoß der EU-Kommission: „Es ist gut, dass die dauerhafte öffentli­che Subventionierung des Flughafens endlich über­prüft wird. 34 Millionen Euro sind ja kein Pappen­stiel. Und damit ist ja nicht Schluss. Es zeichnet sich ab, dass der Flughafen ein dauerhafter Subventionsbe­trieb wird."
Was sie besonders ärgert: Das Geld, das am Projekt Flughafen gebunden ist,
steht für andere Dinge nicht zur Verfügung. Sickelmann: „Der Flughafen ist das Er­gebnis von Großmannsträu­men, die man nur realisiert, weil sie nicht das eigene Geld kosten."
Schuld an der Misere sind ihrer Meinung nach vor allem die Kreistagsfrak­tionen von CDU und SPD, die den Flughafen immer gewollt hätten. „Selbst als die ersten Krisen Probleme offenbarten, wurde unser Vorschlag eines geordneten Rückzugs ausgeschlagen", so Sickelmann.

Geordneter Rückzug

Mittlerweile sind aber so viele Millionen nach Laarbruch geflossen, dass Si­ckelmann glaubt, Landrat, CDU und SPD könnten sich einen Ausstieg aus politi­schen Gründen nicht mehr erlauben – der Gesichtsver­lust wäre zu groß. „Ich kann mir gut vorstellen, dass die sich insgeheim freuen würden, wenn die-EU-Kommission das Projekt beendet", erklärt Sickel­mann. „Dann könnte man
Brüssel den schwarzen Pe­ter zuschieben und so tun, als hätte man selbst eigent­lich alles richtig gemacht."
Weil der Flughafen seine Zinsverpflichtungen gegen­über dem Kreis Kleve nicht zahlen kann, wird der Kreis nun Anteile in Höhe von 1,4 Millionen Euro überneh­men. Für Ute Sickelmann ein Vorgehen, dass mit wei­teren Risiken behaftet ist: „Wenn wir Anteilseigner sind, werden wir auch für die Risiken mithaften müs­sen!"

SPD hält am Flughafen fest

Eine gänzlich andere Po­sition nimmt Roland Katzy ein. Ohne Rücksicht auf kreisweite Belange werde von Einzelpersonen gerade­zu fanatisch gegen ein Hoff­nungsprojekt vorgegangen, ärgert sich der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion. Für ihn ist das Einschreiten der EU-Kommission ebenso überraschend wie fragwür­dig. Landes und bundesweit seien Anschubfinanzierun-gen nichts Ungewöhnliches. Als Beispiel nennt Roland Katzy Zahlungen an die Au­toindustrie.

CDU hält sich bedeckt

Darüber hinaus diene der Weezer Flughafen unbe­streitbar dem Allgemein­wohl. „Ich kann nur hoffen, dass das bei der Untersu­chung berücksichtigt wird", so Katzy. Die SPD-Kreis­tagsfraktion werde alles da­für tun, um das Highlight Airport zu erhalten… ohne die Steuerzahler-Millionen aus den Kreiskassen aus den Augen zu verlieren. „Wir haben schließlich nichts zu verschenken. Ein staatliches Flughafen-Un­ternehmen wollen wir aber auch nicht. "Die CDU-Kreis­tagsfraktion war zu keiner Stellungnahme bereit
Olaf Plotke und Michael Terhoeven, Kurier am Sonntag vom 29.01.2012
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Airport-Kredite: EU im Auftrag von Kandolf aktiv

Kleve (RP). Dass die EU-Kommission die Beihilfen für den Flughafen Niederrhein untersucht, ist Karl-Heinz Kandolf zu verdanken. Der ehemalige Fraktionschef der Grünen in Kevelaer und amtierende Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft gegen Fluglärm und Luftverschmutzung hat die Beschwerde als Privatperson vorgebracht, erklärte er auf Anfrage unserer Redaktion.
Kandolf ist Flughafengegner der ersten Stunde und hat als Frührentner viel Zeit, sich mit dem komplexen Thema Airport zu beschäftigen. Im Gespräch mit Gleichgesinnten hat er erfahren, dass die einzige Möglichkeit, die Europäische Kommission für sich arbeiten zu lassen, eine private Beschwerde ist.
"Ich habe mitgeteilt, dass ich Wettbewerbsverzerrungen sehe, was die Kommission nicht tolerieren kann", sagt Kandolf. Tatsächlich schreibt die Vertreterin der EU-Kommission in Bonn, Kerstin Streich, es stehe "zu vermuten, dass der Regionalflughafen Niederrhein-Weeze in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren verschiedene Darlehen und Zuschüsse zu nicht marktüblichen Bedingungen erhalten hat". Die Kommission habe daher Zweifel, ob die Behörden, wie sie es müssten, bei der Kreditvergabe marktwirtschaftlich gehandelt hätten. Fraglich sei in Folge dessen, dass der Flughafen unter Marktbedingungen betriebsfähig wäre.
Das ist Musik in Kandolfs Ohren. "Wenn meine Beschwerde durchgeht, also erkannt wird, dass die Zuschüsse und Kredite nicht rechtens waren, müsste das öffentliche Geld zurückgezahlt werden. Und dann müsste überhaupt alles rückgängig gemacht werden." Soll heißen: Dann könnte der Airport nicht fortbestehen. Was Kandolf recht wäre. Vor etwa einem Jahr habe er sich zu dem Schritt entschlossen und bis vor einigen Tagen nichts von der Sache gehört. Dann meldete sich Brüssel und teilte ihm mit, dass die Sache in den nächsten Wochen entschieden werde.
Flughafen-Geschäftsführer Ludger van Bebber betont, dass das Verfahren ergebnisoffen geführt werde. Nach wie vor vertrete er den Standpunkt, dass der überwiegend privat finanzierte Airport Geld zu marktüblichen Konditionen bekommen habe. Er habe in den vergangenen Jahren schon mehrere Auskunftsersuche der EU bearbeitet, ebenso ergehe es den Betreibern anderer Regionalflughäfen. "Finale Entscheidungen gab es in dieser Zeit kaum."
Anja Settnik, RP vom 26.01.2012